Alexander Schneller, 34, ist Zirkusdirektor aus Leidenschaft. Sein Zuhause ist sein Wohnwagen – ganz egal, wo er ihn gerade abgestellt hat. Ein Gespräch über ein Leben auf 32,5 Quadratmeter, gefrierende Wasserleitungen und fleißiges Lächeln
Alexanders Wohnwagen verfügt über einen Erker, der ausgefahren wird, wenn er halt macht. Am Fenster gibt es eine Blümchen-Jalousie, die grelles Sonnenlicht dämpft. Die Wände sind mit Fotos, Zeitungsauschnitten und Plakaten beklebt. In einem goldenen Rahmen hängt ein Traumfänger, in dem schmalen Gang zum Schlafzimmer unzählige Bilder – von der Decke bis zum Boden.
Gegründet hat den Circus Pikard der Vater von Alexander, Ernö Schneller. Der Mann, der aus einer ungarischen Zirkusdynastie stammte, träumte jahrelang von seinem eigenen Unternehmen – bis er 1989 tatsächlich zu seiner ersten Tournee aufbrach. 2004 starb er während eines Gastspiels in Krems. Seither hält Alexander die Familienehre hoch.
Alexander thront auf einem vergoldeten Sessel, der sich auch auf einem Schloss gut machen würde (oder zumindest als glänzende Requisite auf einer Theaterbühne). Mit TSCHÄK spricht er vor der ersten Vorstellung in Hof am Leithagebirge. Es ist ein sonniger Sonntag, er ist gut gelaunt. Die Zelte hat er schon vor Wochen aufgebaut: zu viert statt wie üblich zu zwölft. Nach der monatelangen Zwangspause freut er sich unbändig auf die ersten Auftritte.

Musst du das Lachen üben?
Uns jungen Artisten wurde immer gesagt, in der Manege freundlich sein, wenn man sich ärgert, nichts anmerken lassen. Mittlerweile ist das Lampenfieber nicht mehr da. Nervös bin ich auch nicht. Das heißt, man kann sich richtig auf den Auftritt freuen.
Es ist eine schöne Aufgabe, in der Manege zu stehen. Man beweist, was man kann, man bekommt Lob, man bekommt Applaus.
Alexander Schneller
Lebst du tatsächlich hier in diesem Wohnwagen?
Ja, das sind meine eigenen vier Wände, ganze 32,5 Quadratmeter auf acht Rädern, das ist wirklich mein Zuhause.

Auch im Winter?
Ja und nein. Wenn es minus zehn, minus 20 Grad hat, frieren die Wasserleitungen ein. Aber ich habe auch eine Zuflucht in Wien-Hietzing, da gibt es eine Wohnung von meinem Partner.
Wie hast du denn die vergangenen Monate verbracht?
Auf einer Achterbahn der Gefühle, mit vielen Höhen und Tiefen. Viel zu viel gegessen, viel zu viele Gedanken gemacht, der März war ein Monat, wo ich extrem viel vorbereitet habe. Anfang April habe ich hier alle Zelte aufgebaut – zu viert statt wie üblich zu zwölft.

Finanzielle Sorgen?
Es ist unser Herzblut. Aber wie viele andere Betriebe, die gut gewirtschaftet haben, haben wir finanzielle Mittel. Aber ich habe jedes Jahr auch 42 Pickerl zu machen. Wir haben sechs Zirkusponys, wir haben unser Winterquartier. Und dann siehst du Mittel und Reserven schwinden. Es ist manchmal zum Heulen. Aber bevor ich den Zirkus zusperren würde, würde ich halt den Fuhrpark reduzieren.
Wann hast du gewusst, dass du ein Zirkusmensch bist?
Von Anfang an.

Du zweifelst nie an deiner Entscheidung?
Nein, ich kann es noch immer nicht fassen, dass ich der alleinige Eigentümer und für alles verantwortlich bin. Es ist unglaublich – ich bin ein Zirkusdirektor!
Wovon träumst du?
Von einer Show, wo du dir denkst, Hooollywoooood!
Ein letzte Frage noch: Wo duschst du eigentlich?
Mein Wohnwagen hat alles – Küche, Wohnzimmer, Schlafzimmer und natürlich auch ein Bad.
Alexander Schneller, 34, Unternehmer und Zirkusdirektor, liebt Gemüse aller Art, liest Biografien, hört aktuell besonders gerne „I’m Still Standing“ von Elton John und findet Köln „mega“.
Das ist mein Sohn wie leibt und lebt. Immer gut drauf und so motiviert für seinen Zirkus. Der liebste Zirkusdirektor für mich!
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